+ Individuelles Glück und Bedürfnisbefriedigung

Sandra-Neumaier_Bedürfnispyramide nach Maslow

Im Rahmen meines Studium beschäftige ich mich mit verschiedenen Themen der Psychologie und verfasse regelmäßig Aufsätze dazu.

In dieser Studienarbeit geht es darum zu erforschen, inwiefern unser individuelles Glück abhängig ist von der Befriedigung unserer Bedürfnisse. Dabei stellt sich die Frage, ob das individuelle Glück der Menschen steigt, wenn sie sich mehr und vor allem aktiv um die Befriedigung ihrer Bedürfnisse kümmern. Oder sind die Bedürfnisse sogar als Basis für unser Glück anzusehen?

Viel Freude beim Lesen und Lernen 🙂

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Definition der Begriffe
  3. Bedürfnistheorie nach Maslow: Mangel- und Wachstumsbedürfnisse
  4. Erkenntnisse aus der Glückforschung nach Csikszentmihályi: Flow
  5. Fazit
  6. Literaturverzeichnis

1 Einleitung

In dieser Studienarbeit geht es darum zu erforschen, inwiefern unser individuelles Glück abhängig ist von der Befriedigung unserer Bedürfnisse. Dabei stellt sich die Frage, ob das individuelle Glück der Menschen steigt, wenn sie sich mehr und vor allem aktiv um die Befriedigung ihrer Bedürfnisse kümmern. Oder sind die Bedürfnisse sogar als Basis für unser Glück anzusehen?

Wenn sich herausstellt, dass die Bedürfnisbefriedigung als Basis für menschliches Glück und Wohlbefinden anzusehen ist, wird es möglich sein, Konzepte und Handlungsweisen daraus abzuleiten, mit Hilfe derer ein mehr an Glück generiert werden kann.

Das erste Kapitel widmet sich der Bedürfnistheorie nach Maslow, denn seine Theorie und die damit verbundene Forschung zählt zu den bekanntesten auf dem Gebiet der Bedürfnisforschung. Danach folgt ein Blick in die Glückforschung und hier im speziellen auf die Arbeit von Mihály Csikszentmihályi und seine Theorie zum Flow-Erleben.

Am Ende der Arbeit findet sich ein Fazit zu der Frage nach dem Zusammenhang von Bedürfnissen und Glück.

Anmerkung: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung aller personalisierten Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für jedes Geschlecht.

2 Definition der Begriffe

Bedürfnisse

„Antrieb für Handlungen ist die Aufrechterhaltung der Funktionstüchtigkeit des Organismus. Handlungen, die ihre Aufgabe erfüllen, werden durch Ausschüttung von Hormonen auf der Ebene des Gehirns belohnt (Glücksgefühl). Der Handlungsbedarf wird im Sprachgebrauch als Bedürfnis bezeichnet. Diese Bedürfnisse werden an das Zentralnervensystem kommuniziert, damit es entsprechende Maßnahmen einleitet. Insofern ist der Organismus permanent beschäftigt, Handlungen durchzuführen, um Bedürfnisse zu befriedigen. Die Befriedigung von Bedürfnissen wird durch Glücksgefühle belohnt.“ (Martin 2020: S. 113).

Flow

Das Flow-Erleben beschreibt, wie man Glück durch die Kontrolle des eigenen Innenlebens gewinnt. Flow ist ein aktiver Zustand, der mit einer Handlung verbunden ist. Genauer ist es das vollkommene Aufgehen in einer Handlung, verbunden mit dem Gefühl des Fließens. (vgl. Csikszentmihályi 2017: S. 2 ff).

3 Bedürfnistheorie nach Maslow: Mangel- und Wachstumsbedürfnisse

Es gibt zahlreiche Theorien über die Bedürfnisse von Menschen, die Bekannteste ist die von Abraham Maslow (1908 – 1970). Deshalb werde ich mich in dieser Arbeit mit seiner Theorie der Mangel- und Wachstumsbedürfnisse beschäftigen. Maslow war ein US-amerikanischer Psychologe und unter anderen beeinflusst von Carl Gustav Jung und Alfred Adler. Maslow gilt als Gründervater der Humanistischen Psychologie und führte den Begriff der Positiven Psychologie ein.

Seinem Modell der Mangel- und Wachstumsbedürfnisse liegt ein optimistisches Menschenbild zugrunde, bei dem das Streben nach Sinnfindung und Selbstverwirklichung als das höchste Bedürfnis eines Menschen anzusehen ist. Die Selbstwirksamkeit und die Selbststeuerung steht im Vordergrund, im Gegensatz zur Freudschen Psychoanalyse, die den Menschen als Opfer seiner unbewussten Triebsteuerung sieht (vgl. Maslow 1981: S. 8).

„Er unterscheidet mehrere Stufen von Bedürfnissen, ausgehend von den physiologisch- biologischen, deren Befriedigung zur Lebenserhaltung unerlässlich ist, über das Bedürfnis nach Sicherheit, nach sozialer Einbindung und Anerkennung, nach Selbstverwirklichung hinauf bis zum Bedürfnis nach Sinn bzw. Transzendenz. Hier muss betont werden, dass Maslow seine ursprüngliche Vorstellung, man müsse die jeweils untere Bedürfnisstufe befriedigen, bevor man die nächsthöhere ansteuere, schnell revidiert hat. Ferner ist er nicht der Urheber der pyramidalen Anordnung. Diese wurde später von seinen Schülern vorgenommen.“ (Martin 2020: S. 113).

Sandra-Neumaier_Bedürfnispyramide nach Maslow

Maslow ging davon aus, dass „intensives Glück […] immer eine Episode und unbeständig [ist].“ (Maslow 1981: S. 12).

Die Befriedigung der Bedürfnisse sieht er als Antrieb zum Erreichen eines Glückszustandes, dem direkt ein Zustand hoher Unzufriedenheit folgt. Das bedeutet der Mensch kann nie vollkommen glücklich sein, denn es geht immerzu darum, neu aufkommende Bedürfnisse zu befriedigen, um kurzfristiges Glück zu erreichen. Sobald der Mensch dies erreicht hat, kommt bald das nächste unbefriedigte Bedürfnis zum Vorschein, welches wiederum zu befriedigen ist, um erneut einen Glückszustand zu erreichen. Die Selbstverwirklichung ist, verbunden mit Glück, als vorrangiges Bedürfnis zu nennen. Menschen, die sich selbst verwirklichen können, empfinden oft eine tiefe Dankbarkeit für ihr Leben und ihre Möglichkeiten. Dadurch verspüren sie insgesamt mehr glückliche Zustände. (vgl. Maslow 1981: S. 12 ff.).

Dabei sei erwähnt, dass eine gewisse Grundbefriedigung der Mangelbedürfnisse wie Nahrung, Schlaf, Kleidung und Unterkunft notwendig ist, damit die höheren Wachstumsbedürfnisse überhaupt ins Bewusstsein treten. Ein hungernder Mensch wird sich weniger mit seiner Selbstverwirklichung beschäftigen können. Genauso steht es um das Bedürfnis nach Sicherheit. Bei Menschen, die in Kriegs- und Krisengebieten leben, überwiegt die Sorge um Leib und Leben. Auch hier werden die höheren Bedürfnisse weniger angestrebt. Die verschiedenen Bedürfnisse ergänzen sich gegenseitig, schließen sich jedoch nicht aus. (vgl. Maslow 1981: S. 77 ff.).

Betrachten wir nun die Persönlichkeit von Menschen, deren Bedürfnisse in hohem Maße befriedigt sind. Nach Maslow ist es „die zufriedene, glückliche, ruhige, heitere, friedvolle Persönlichkeit“. (Maslow 1981: S. 245). Selbstverwirklichte Menschen, die einen Sinn in ihrem Leben erkennen und danach streben, sind nach Maslow ́s Forschung insgesamt glücklicher, zufriedener, dankbarer und ausgeglichener. Sie legen weniger Wert auf das Äußere wie Kleidung, Autos und Wohnung, sondern setzen den Fokus auf das Innere. Es gilt für sie als erstrebenswert, ein guter Mensch zu sein, einen Beitrag zu leisten und liebevoll mit sich und ihrer Umwelt in Kontakt zu treten. Sie sind in der Lage, sich einer Sache voll hinzugeben und ihre Mission zu verfolgen. Eine positive Grundeinstellung, ein demokratischer Charakter, Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit und Toleranz zeichnen diese Menschen normalerweise aus. Das Frustrationsniveau und die Frustrationstoleranz liegen bei selbstverwirklichten

Menschen oft sehr viel höher. Sie sind besser in ihrer Selbstreflexion trainiert und es fällt ihnen oft leichter, Situationen von außen und mit dem notwendigen Abstand zu betrachten. Dadurch können sie ihre Gefühle und Emotionen besser kontrollieren und sind insgesamt weniger impulsgesteuert. (vgl. Maslow 1981: S. 245 ff.).

Es gibt auch Kritik an Maslow ́s Theorie. Diese ist hauptsächlich in der Umdeutung als hierarchisch angeordnete Pyramide zu finden. Vor allem in der Managementlehre ist die Idee fest verankert, es müsse Stufe für Stufe zuerst die unteren Bedürfnisse befriedigt sein, um die höheren Stufen erreichen zu können. Diese Form der Pyramide wird oft Maslow zugeschrieben, obwohl diese Umdeutung erst viel später durch seine Schüler entstand. Im Kontext der Managementlehre war und ist die hierarchische Pyramidenanordnung ein leicht verstandenes Modell. Es ist trainierbar, eingängig und überfordert nicht. Unsere mehrheitliche Sozialisierung in Bezug auf unsere Motivation deckt sich mit der Anordnung der Bedürfnisse: Erst die Pflicht (physiologische Bedürfnisse), dann die Kür (Bedürfnis nach Selbstverwirklichung).

Anwendung findet die Pyramide in Unternehmen vor allem im Bereich der Mitarbeitermotivation. Gelenkt von Fragen wie „Was treibt einen Menschen an?“ und „Wie können wir maximale Motivation und damit Unternehmenserfolg erreichen?“ wird die Theorie den Führungskräften und Managern als Instrument gelehrt.

Weitere Kritik ist in Bezug auf die Erhebungsmethoden von Maslow zurückzuführen.

„Sein Modell entstand aus der Arbeit mit Patienten und anhand von Befragungen, nicht aber auf Basis empirischer Untersuchungen. Dies erschwert die Operationalisierung und Überprüfung seiner Thesen. Deshalb gibt es auch an den bisher vorliegenden Studien einige Kritikpunkte in Bezug auf Validität und Reliabilität.“ (Pätzold 2012: S. 56).

Die westlich geprägte Sicht Maslow ́s auf die menschlichen Bedürfnisse wird teilweise kritisch und der menschlichen Vielfalt als unzureichend gesehen. (vgl. Pätzold 2012: S. 57).

Eine mögliche Verbesserung und Optimierung des Modells können durch weitere Forschung und anschließender Diskussion erreicht werden. Die Erkenntnisse aus der Wissenschaft gilt es auch in die Wirtschaft zu kommunizieren.

4 Erkenntnisse aus der Glückforschung nach Csikszentmihályi: Flow

Einer der bekanntesten Glücksforscher war der ungarische Psychologe Mihályi Csikszentmihályi (1934 – 2021). Er war Professor für Psychologie an der University of Chicago und lehrte Unternehmensführung an der Claremont Graduate University in Kalifornien. Bereits 1975 beschrieb er das Flow-Erleben, welches er die darauffolgenden Jahre intensiv erforschte. Dabei war er nicht der erste Wissenschaftler, der sich mit diesem Erlebenszustand beschäftigte. Unter anderen Maslow hatte unter dem Begriff „peak experience“ dazu geforscht. Deshalb werde ich mir in diesem Aufsatz die Idee des Flow-Erlebens, verbunden mit Glück und der Befriedigung von Bedürfnissen, genauer ansehen.

„Vor zweitausenddreihundert Jahren kam Aristoteles zu der Schlussfolgerung, dass der Mensch vor allem Glück sucht. Glück wird um seiner selbst willen angestrebt, während jedes andere Ziel – Gesundheit, Schönheit, Geld oder Macht – nur geschätzt wird, weil man erwartet, dass es glücklich machen wird.“ (Csikszentmihályi 2017: S. 2).

Laut Csikszentmihályi geht es beim Glück um die Kontrolle über den Inhalt des eigenen Bewusstseins. Er erforschte ein viertel Jahrhundert lang, wann sich Menschen glücklich fühlen. Glück ist etwas sehr Subjektives und schwer messbar. Bei seiner Forschung fand er heraus, das Glück nichts ist, das einfach geschieht. Es ist also keine Abfolge von angenehmen Zufällen und auch nichts das mit Geld zu kaufen oder Macht zu bestimmen ist. Vielmehr ist Glück ein Zustand, für den jeder Einzelne bereit sein muss. Die Menschen müssen lernen diesen Zustand zu kultivieren und zu verteidigen. Denn diese inneren Erfahrungen können die Menschen mit ihrem Bewusstsein steuern, um damit letztendlich ihre Lebensqualität zu bestimmen. (vgl. Csikszentmihályi 2017: S. 2 ff).

„Peile keinen Erfolg an – je mehr du es darauf anlegst und ihn zum Ziel erklärst, umso mehr wirst du ihn verfehlen. Denn Erfolg kann wie Glück nicht verfolgt werden; er muss erfolgen […] als unbeabsichtigte Nebenwirkung, wenn sich ein Mensch einer Sache widmet, die größer ist als er selbst.“ (Frankl 1972: S. 11).

Für das Erreichen des Flow-Erlebens und damit eines Glückszustandes ist es hilfreich, die dafür notwendigen Bedingungen zu schaffen, damit es erfolgen kann. Jedoch ist es nicht möglich, diesen Zustand zu erzwingen. Vielmehr geht es um das Gefühl des Fließens, des völligen Aufgehens in einer Handlung. Unwesentlich ist es, welche Handlung wir vornehmen. Hauptsache es entspricht unserem Wesen und unserer Natur. Bei Aufgaben, die nicht unseren Talenten und Fähigkeiten entsprechen, wird es sehr schwierig sein in einen Flow-Zustand zu gelangen.

Die Voraussetzung für Flow ist die Kontrolle über den Augenblick und über unsere Handlungen. Es muss das Gefühl entstehen, die Situation im Griff zu haben. Ideal ist es, wenn wir über unsere bisherigen Grenzen hinauswachsen. Flow gelingt am einfachsten, wenn Körper und Seele eines Menschen bis an die Grenzen angespannt sind und wir handeln. Immer dann, wenn wir über uns hinausgehen und etwas Schwieriges und zugleich Wertvolles erreichen, spüren wir Glück. Das Flow-Erleben beschreibt, wie man Glück durch die Kontrolle des eigenen Innenlebens gewinnt. Wenn wir eine Flow-Erfahrung machen, herrscht in diesem Moment Ordnung im Bewusstsein. Wir sind mit unserer Aufmerksamkeit voll im Moment und bei der Sache. Dabei sollte die Aufmerksamkeit für realistische Ziele verwendet werden und unsere Fähigkeiten den Handlungsmöglichkeiten in der jeweiligen Situation entsprechen. Durch den Fokus auf das definierte Ziel kommt Ordnung in unser Bewusstsein und unsere Alltagsprobleme rücken in den Hintergrund. (vgl. Csikszentmihályi 2017: S. 2 ff).

Am Anfang wurde dieser Zustand vor allem bei Sportlern beobachtet. Anspruchsvolle Sportarten wie Segeln oder Polo sind besonders gut geeignet, um Flow zu induzieren. Ebenso wird es bei Künstlern oft beobachtet. Ein Maler, der gerade dabei ist, sein aktuelles Werk zu vollenden, befindet sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem Zustand völliger Hingabe und Konzentration. Sein Fokus ist, genau wie beim Segler oder Polo Spieler, komplett in diesem Augenblick verhaftet und sein Bewusstsein vollkommen auf die eine Sache gerichtet.

Wenn wir unsere Energie kontrolliert auf bewusst ausgesuchte Ziele richten und diese erfolgreich bewerkstelligen, steigt unser Selbstbewusstsein und unser Selbstwertgefühl. Dadurch trauen wir uns nach und nach an immer komplexere Herausforderungen und mit jeder erfolgreichen Bewältigung wächst unsere Persönlichkeit. (vgl. Csikszentmihályi 2017: S. 2 ff).

Dabei spielt es laut seiner Forschung weniger eine Rolle, ob es nun ein intrinsisch oder extrinsisch motiviertes Ziel ist. Das Entscheidende ist ein Ziel zu haben auf das wir hinarbeiten, anstatt dass das Handlungsmotiv auf dem Gefühl beruht, nichts anderes zu tun zu haben. Ohne Ziele erleben Menschen einen Großteil ihres Lebens als grundlos und motivationslos. (vgl. Csikszentmihályi 1999: S. 37 ff).

Ein Hindernis auf dem Weg zum Glück ist laut Csikszentmihályi die Befriedigung unserer Bedürfnisse. Denn sobald diese vorübergehend erfüllt sind, beginnen wir sofort, neue zu entwickeln. Deshalb beschreibt er Frustration als einen wichtigen Bestandteil unseres Lebens. Wir Menschen sind nie lange in einem Zustand völliger Zufriedenheit. Er vertritt dabei eine ähnliche Auffassung wie Maslow: Sobald die existenziellen Bedürfnisse wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft erfüllt sind, treten andere Bedürfnisse ins Bewusstsein. Menschen streben dann nach Geld, Macht, Anerkennung und vielem mehr. Oft steigen mit der Erfüllung dieser Bedürfnisse die

Anforderungen und Erwartungen ans Leben und damit schlussendlich die Unzufriedenheit. Dieses Paradoxon wirft die Frage auf, ob die Verbesserung unserer Lebensqualität eine unerfüllbare Aufgabe darstellt.

Stavros A. Drakopoulos (Professor für Volkswirtschaft an der Universität Athen) beschreibt als Co-Autor in Bormans Buch „Glück“ das sogenannte „Glücks-Paradox“: den Zusammenhang zwischen Einkommen und Glück. Die Höhe des Einkommens ist für viele Menschen ein starkes Bedürfnis. Dabei geht es hauptsächlich um das Bedürfnis nach Sicherheit. Jedoch schreibt Drakopoulos, dass das Einkommen zwar sehr wichtig ist für das Glück der Menschen, wenn sie arm sind, aber viel weniger wichtig, wenn sie finanziell abgesichert oder in Wohlstand leben. Zu erklären ist dieses Phänomen dadurch, das Menschen unglücklich sind, wenn es ihnen am notwendigsten, wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft fehlen. Sobald jedoch diese Bedürfnisse gedeckt sind, bringen weitere Einkommenssteigerungen keine nachhaltigen Veränderungen im Glücksempfinden der Menschen. Das Bedürfnis nach Sicherheit ist befriedigt. (vgl. Drakopoulos 2017).

Des Weiteren definiert Drakopoulos folgende Glücksschlüssel:

• „Einkommen ist wichtig für Glück, aber immer mehr Einkommen führt nicht zu immer mehr Glück.

• Vergleichen Sie ihr eigenes Einkommen nicht mit dem Ihrer Kollegen oder anderen Menschen.

• Legen Sie größeren Wert auf Freiheit, Lebensqualität, Vertrauen und Beziehungen. Sie alle sind wichtiger für das Glück als Ihr Einkommen.“ (Drakopoulos 2017)

An diesem Beispiel ist gut zu erkennen, wie komplex die Wechselwirkung unserer Bedürfnisse und dem individuellen Glücksempfinden ist.

5 Fazit

Beide Wissenschaftler, sowohl Maslow als auch Csikszentmihályi, haben im Rahmen ihrer Forschungen einen Zusammenhang zwischen Glück und Bedürfnisbefriedigung gefunden. Dabei ist die Befriedigung der existenziellen Bedürfnisse wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft als Voraussetzung für Glück anzusehen.

Insgesamt ist festzustellen, dass Menschen, die ihr Bedürfnis nach Selbstverwirklichung ausleben können und einen Sinn in ihrem Leben sehen und ihm folgen, mehr glückliche Zustände erleben.

Die Kritik an Maslow ́s Modell ist aufgrund der aktuellen Deutung und Anwendung gerechtfertigt, jedoch ist sein Modell insgesamt nach wie vor aktuell und auf sehr weite Teile der Weltbevölkerung, womöglich auch auf alle Menschen, anwendbar.

Das Flow-Erleben nach Csikszentmihályi kann uns helfen, unser Glücksempfinden zu kanalisieren, in dem wir unser Bewusstsein auf eine bestimmte Tätigkeit lenken. Durch die bewusste Steuerung unserer Aufmerksamkeit und damit auch die bewusste Befriedigung unserer aufkommenden Bedürfnisse wird es uns möglich sein, insgesamt mehr und länger anhaltende Glückzustände zu erleben.

Grundlage dafür ist das Wissen und die Wahrnehmung der Menschen für ihre Bedürfnisse, wie sie diese befriedigen können und warum das alles mit ihrem persönlichen Glück zusammenhängt. An dieser Stelle gibt es noch Aufklärungsarbeit zu leisten, die idealerweise bereits in der Schule beginnt. Des Weiteren ist es sinnvoll, dieses Thema in der politischen Agenda zu etablieren. Ein wissenschaftlich fundiertes und sehr gut durchdachtes Konzept für eine menschenorientierte Politik auf Basis der Bedürfnisse liefert Professor Dr. Jean Pol Martin mit seinen „Neuen Menschenrechten“. Er beschreibt viele theoretische und praktische Ansätze, die jeder Einzelne für sich im Alltag etablieren kann. Seine bedürfnisorientierten „Neuen Menschenrechte“ können als Basis für politische Entscheidungen genutzt werden.

Literaturverzeichnis

Csikszentmihalyi, M. (1999). Lebe gut! wie Sie das Beste aus Ihrem Leben machen. Deutschland: Klett-Cotta.

Csikszentmihalyi, M. (2017). Flow. Das Geheimnis des Glücks. Deutschland: Klett-Cotta.

Drakopoulos S. (2017). Das Paradox. Der Zusammenhang zwischen Einkommen und Glück. In: Bormans, L. (Hg).: Glück. The New World Book of Happiness: Mit den neuesten Erkenntnissen aus der Glücksforschung. Deutschland: DuMont Buchverlag GmbH.

Frankl, V. E. 1. (1973). Der Mensch auf der Suche nach Sinn: Zur Rehumanisierung der Psychotherapie. Freiburg im Breisgau Basel Wien: Herder.

Martin, J.-P.: (2020). Neubegründung und Reformulierung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte? In: Kolbe S. W., Martin, J.-P., Ruep M. (Hg.): „Neue Menschenrechte?“ Bestandsaufnahme eines bedürfnisorientierten Handlungsansatzes. Deutschland: Gabriele Schäfer Verlag, S. 109 – 148

Martin, J. P. (2018). Lernen durch Lehren: Konzeptualisierung als Glücksquelle. In: Olaf- Axel Burow und Stefan Bornemann (Hg.): Das große Handbuch Unterricht & Erziehung in der Schule. Handlungsfeld: Unterricht & Erziehung. Köln: Carl Link Verlag, S. 345 – 360

Maslow, A. H. (1981). Motivation und Persönlichkeit. Deutschland: Rowohlt.

Pätzold, L. (2012). Gibt es eine Hierarchie von Motiven. In: Bermeitinger C. (Hg.): Gefühle, Beweggründe und der ganze Rest. Was sind eigentlich Emotionen, was ist eigentlich Motivation und welche Standpunkte werden in der Psychologie zu verschiedenen Teilfragen dieser Themengebiete eingenommen. München: AVM – Akademische Verlagsgemeinschaft München, S. 55-58.

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